Pressemitteilung Nr. 189/01, 27.09.2001

Das Mammut von Klinge

Ab Oktober 2001 eine ständige Ausstellung im Kreishaus des Landkreises Spree-Neiße in Forst (Lausitz) Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurden Geologen auf die besondere Ausbildung der Sand-, Ton- und Torfschichten und die darin gefundenen Pflanzenreste und Knochenfossilien in den Tongruben von „Klinge unweit Kottbus" aufmerksam. Nachdem bereits 1894 einige Oberschenkelknochenreste eines Jungmammuts in der Schmidt'schen Tongrube gefunden wurden, entdeckte man in der Tongrube Grosche 1903 erstmals in Deutschland ein weitgehend vollständig erhaltenes Skelett eines Mammuts. Der Fund wurde 1908 in der Fachliteratur kurz beschrieben, geriet dann aber weitgehend in Vergessenheit. 1996 wurde das Mammut durch den Wirbeltierpaläontologen des Naturkundemuseums Berlin, Dr. Karlheinz Fischer, erstmals wissenschaftlich bearbeitet. Zwei Jahre später, 1998, äußerte der damalige Sachgebietsleiter des Sachgebietes Bergbau und Landschaftsplanung, Klaus Conrad, die Idee, diesen wertvollen Fund einer breiten Öffentlichkeit in der Region zugänglich zu machen. Skelettrekonstruktion in Mecklenburg-Vorpommern Bei der Suche nach einem geeigneten Ausstellungsort fiel die Wahl auf das Foyer des neuen Kreishauses in Forst (Lausitz). Dieser attraktive Standort befindet sich gleichzeitig in unmittelbarer Nähe zum Fundort Klinge. Nach mehrjähriger Vorbereitungszeit und Klärung der Gesamtfinanzierung wurde im Sommer 2000 der Präparator Klaus-Dieter Jost aus Goldberg-Medow in Mecklenburg-Vorpommern mit der Skelettrekonstruktion beauftragt. Durch die Form des Beckenknochens und der Stoßzähne lässt sich das Mammut von Klinge als erwachsenes weibliches Tier bestimmen. Da Mammutbullen in der Regel größer werden als Mammutkühe, ist der Fund von Klinge mit etwa 2,75 m Schulterhöhe erwartungsgemäß ein kleines Exemplar. Nach dem Erhaltungszustand des Gebisses wird sein Lebensalter auf etwa 45 bis 50 Jahre geschätzt. Das Skelett, dass in den nächsten Tagen im Forster Kreishaus von Experten aufgestellt wird, ist eine originalgetreue Nachbildung des Tieres in Lebensstellung. Die Knochen sind in der dunkelbraunen Farbe der Funde kopiert. Die fehlenden Skelettelemente wurden nach Vergleichsstücken und Knochenmaßen anderer Mammute sachgerecht wiederhergestellt. Sie sind hellbraun eingefärbt, um sie als ergänzte Teile kenntlich zu machen. Das Mammut aus Klinge liebte es warm In der öffentlichen Wahrnehmung ist das Mammut ein Symbol der „Eiszeit". Nicht zuletzt die Funde in den Dauerfrostböden Sibiriens haben diese Anschauung geprägt. Nach allgemeiner Auffassung lebte das Mammut ausschließlich in kaltem Klima. Sein Auftreten in Klinge belegt jedoch, dass es auch wärmere Bereiche besiedelte. Es ist vorstellbar, dass es auf der Nahrungssuche längere Wanderungen bis nach Mitteleuropa angetreten hat. Vielleicht war es ursprünglich auch gar nicht an das kalte Klima der Tundra angepasst, sondern lebte in offenen Waldlandschaften, in Waldrandnähe und in Auen. Das Mammut von Klinge hat in der Eem-Warmzeit vor etwa 120.000 Jahren gelebt. Insbesondere Pollen und Blattfunde bezeugen, dass Klima und Vegetation den gegenwärtigen Verhältnissen ähnlich waren. Die Durchschnittstemperatur lag etwas höher als heute. Im Gebiet von Klinge existierten mehrere kleine Seen mit Fischen, Seerosen, der dazugehörigen Ufervegetation, Amphibien und Reptilien. Bisher sind in Deutschland sieben Funde des Wollhaarigen Mammuts bekannt: Borna, Steinheim an der Murr, Ahlen bei Münster, Poleh in der Eifel, Geiseltal, Siegsdorf bei München und Klinge. Am Freitag, dem 12. Oktober 2001, erfolgt um 15:00 Uhr im oberen Foyer des Kreishauses, Heinrich-Heine-Straße 1 in Forst (Lausitz) die offizielle Übergabe der Skelettnachbildung an die Verwaltung des Landkreises Spree-Neiße. Damit wird das Mammut von Klinge 98 Jahre nach dem Fund erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Dr. K.-Peter Schulze, Dezernent IV des Landkreises Spree-Neiße
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