Pressemitteilung Nr. 91/14, 17.04.2014
Stellungnahme des Landkreises Spree-Neiße zu den Vorwürfen des Deutschen Tierschutzbüros e.V.
Der Landkreis Spree-Neiße als Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörde nimmt zur Anzeige und Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbüro e.V., Herrn Klippstein, wie folgt Stellung:
Die derzeitig einzige Rechtsgrundlage für die tierschutzrechtliche Überprüfung einer Kaninchenhaltung ist das Tierschutzgesetz in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes. Außerdem sind die allgemeinen Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) anzuwenden, die wesentliche Vorschriften über Haltungseinrichtungen und die Anforderungen an die Fütterung, Pflege und Überwachung aller Nutztiere enthalten.
Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung enthält aber bisher keine detaillierten Aussagen zur Auslegung des § 2 des Tierschutzgesetzes. Erst in der 5. Änderungsverordnung zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 05.02.2014 sind im Abschnitt 6 die Haltungsanforderungen für Kaninchen geregelt. Dieser Vorschriften gelten aber erst ab 11.08.2014 mit Übergangsregelungen für hier benannte Anforderungen bis zum Ablauf des 10.02.2019 bzw. 2024. Auch hier ist eine Käfighaltung von Kaninchen grundsätzlich zulässig.
Der ständige Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen berät schon sehr lange und kontrovers über eine Empfehlung in Bezug auf die Haltung von Kaninchen, die uns als Entwurf vorliegen. Die Veterinärämter in Brandenburg orientieren sich bisher an diesem Entwurf als Grundlage für die Auslegung des § 2 des Tierschutzgesetzes.
Ferner finden die Leitlinien der deutschen Gruppe der World Rabbit Science Association (WRSA) und des DLG-Ausschusses für Kaninchenzucht und -haltung zu Mindeststandards bei der Haltung von Hauskaninchen sowie das Merkblatt für die Kaninchenhaltung der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e. V. (TVT) Berücksichtigung.
Auf Grund einer Anzeige vom Deutschen Tierschutzbüro e.V., Herrn Klippstein, gegen einen Kaninchenmastbetrieb am 08.04.2014 wurde durch den Amtstierarzt des Landkreises Spree-Neiße eine sofortige unangemeldete Überprüfung dieser Kaninchenhaltung durch zwei amtliche Tierärztinnen des Sachgebietes Tierschutz des Fachbereiches Landwirtschaft, Veterinär- und Lebensmittelüberwachung veranlasst.
Herr Klippstein zeigte am 08.04.2014 an, dass er am 06.04.2014 eine akute Gesundheitsgefährdung der Tiere, zahlreiche verendete und kranke Kaninchen sowie eine zu hohe Besatzdichte in den Käfigen feststellte.
Die Ergebnisse der amtlichen Überprüfung des Bestandes von ca. 350 Kaninchen am 08.04.2014 decken sich nicht mit der Anzeige von Herrn Klippstein beim Veterinäramt. Es wurden 4 erkrankte Kaninchen vorgefunden, 3 Tiere mit Torticollis (Schiefhals) und 1 Kaninchen mit einer Augenverletzung (wird derzeit behandelt). Verendete Kaninchen wurden nicht vorgefunden. Erkrankungen kommen in jeder Tierhaltung vor, unabhängig von der Art und der Größe der Haltung. In privaten Kaninchenbeständen werden nicht selten alle Tiere Opfer von Infektionen. Der Tierhalter hat generell die Pflicht, für erkrankte Tiere erforderlichenfalls rechtzeitig eine tierärztliche Behandlung zu veranlassen. Ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz liegt deshalb nicht vor.
Die gewerbsmäßigen Tierhaltungen, auch die Kaninchenhaltung dieses Betriebes, werden durch das Veterinäramt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz risikoorientiert überwacht. Die Risikobewertung von Nutztierhaltungen erfolgt unter Hinzuziehung von 12 Risikokriterien mittels eines Punktesystems. Die Kontrollfrequenz wird auf der Grundlage der Risikoeinschätzung festgelegt.
Die letzte planmäßige amtliche Kontrolle bei dem betreffenden Kaninchenhalter vor der anlassbezogenen am 08.04.2014 fand im Mai 2013 statt. Bei dieser wurden keine Auffälligkeiten aus der Sicht des Tierschutzes festgestellt, die die Anordnung behördlicher Maßnahmen erforderlich machen würden.
Es wurden am 08.04.2014 im Ergebnis der Überprüfung Auflagen erteilt zur Schaffung von Möglichkeiten zur Absonderung kranker Tiere mit entsprechenden Haltungsbedingungen sowie zur Durchführung einer täglichen und gründlichen Gesundheitskontrolle aller Kaninchen durch den Tierhalter. Die Umsetzung der Auflagen wird zeitnah nachkontrolliert. Wird den Auflagen nicht nachgekommen, werden gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz behördliche Anordnungen zur Durchsetzung getroffen.
Der Betrieb hat eine registrierte Schlachtstätte und darf gemäß § 3 der Tierischen Lebensmittel-Hygieneverordnung frisches Fleisch von im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb geschlachtetem Geflügel oder im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb geschlachteten Hasentieren in kleinen Mengen direkt an Verbraucher oder an örtliche Betriebe des Einzelhandels (im Umkreis von 100 km) zur unmittelbaren Abgabe an Verbraucher abgeben. Kleine Mengen sind Fleisch von nicht mehr als insgesamt 10 000 Stück Geflügel oder Hasentieren jährlich. Diese Tätigkeit darf er auch weiterhin wahrnehmen.
Der Betrieb hat selbstverständlich entsprechend der vorgegebenen Zeitvorgaben mit dem Inkrafttreten am 10. August 2014 seine derzeitigen Haltungsbedingungen auf die Anforderungen des Abschnitts 6 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung umzustellen. Dies wird auch mit einer Erhöhung der Kontrollfrequenz von amtlichen Inspektionen verbunden sein.
Die Vorgaben der derzeit geltenden Auslegungshilfen werden von dem entsprechenden Betrieb eingehalten.
Das Tierschutzgesetz und die dazu erlassenen Verordnungen sind auf alle Tierhaltungen anzuwenden, unabhängig von der Spezies und der Zahl der gehaltenen Tiere.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Herr Klippstein den Betrieb nach eigenen Aussagen bereits am 02. April 2014 und nochmals am 06. April 2014 besichtigte. Die Anzeige dieser nach seiner Aussage unzulässigen Tierhaltung mit sofortigem Handlungsbedarf gegenüber der zuständigen Behörde erfolgte aber erst am 08. April 2014.
Unabhängig davon handelte die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörde nach Anzeige am 08. April 2014 innerhalb ca. einer Stunde mit einer Vor-Ort-Kontrolle.
Alle anderen in der Pressemitteilung gegen die Überwachungsbehörde vorgebrachten Beschuldigungen werden zurückgewiesen. Näheres wird in den laufenden Ermittlungsverfahren der anzeigenden Beteiligten geklärt.
Pressestelle Landkreis Spree-Neiße