Wohn- und Geschäftshaus
Beschreibung
Gemarkung Guben, Flur 11, Flurstück 176/2Die seit 1991 wieder so bezeichnete Berliner Straße verläuft von der Bahnhofstraße im Nordwesten nach Südosten bis zur Frankfurter Straße, in die sie ab Abzweig Straupitzstraße leicht gekrümmt verlaufend in Höhe der Egelneiße mündet. Ursprünglich Teil der Landstraße Frankfurt-Guben blieb sie bis in das 19. Jh. Vorstadtstraße und Scheunenviertel. Eine Aufwertung zur Hauptverkehrsachse mit repräsentativer Bebauung erfuhr die breite und mit Bäumen geschmückte Straße in der zweiten Hälfte des 19. Jh. infolge der Einbindung Gubens in den Streckenverlauf der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn, die über die Stationen Berlin, Frankfurt/Oder, Guben und Sorau nach Breslau verkehrte. 1846 wurde das erste Gubener Bahnhofsgebäude eingeweiht; ihren Namen erhielt die Bahnhofstraße vermutlich aber erst 1869 mit der Einführung der Hausnummerierung nach Straßen. Bis dahin war sie Teil der Frankfurter Straße, die an der Großen Neiße-Brücke ihren Anfang nahm und am Bahnhof endete. Vor der heutigen Straßenbezeichnung wechselte die Berliner Straße mehrfach ihren Namen. In der Zeit des Nationalsozialismus hieß sie zunächst Kubestraße, anschließend Kurmärkische Straße. Am 12.10.1949, nur wenige Tage nach Gründung der DDR, wurde sie nach dem Staatspräsidenten Wilhelm Pieck benannt.
Die großräumige Erschließung und Bebauung der Berliner Straße mit Fabrikanlagen, Villen und drei- bis viergeschossigen Wohnhäusern erfolgte im Wesentlichen 1871-1900. Noch vor dem Ersten Weltkrieg würdigten Zeitgenossen die mit Kugelrüstern bepflanzte und hervorragende neue Bauten aufweisende Straße als eine der schönsten Gubens. Durch sie fuhr 1904-1938 die einzige elektrische Straßenbahn der Stadt vom Bahnhof über die Große Neiße-Brücke bis zur Lubstbrücke. Die – allerdings überformte – Wagenhalle steht auch heute noch unmittelbar an der in Richtung Mittelstraße führenden Einfahrt. Baumaßnahmen in der Weimarer Zeit vermochten den spätgründerzeitlichen Charakter der Berliner Straße nicht grundlegend zu verändern. Selbst die militärischen Kampfhandlungen im Frühjahr 1945 richteten vergleichsweise wenig Schaden an, wenn auch Villa und Garten der Hutfabrikantenfamilie Wilke (Nr. 45) der Zerstörung nicht entgingen. Die hinter der stattlichen Villa Nr. 14 vom Tuchmachermeister Heinze 1864 errichtete und vom Fabrikanten F. W. Schmidt erweiterte Tuchfabrik wurde teilweise zerstört, nach Um- und Ausbau 1948/49 in der DDR als Kreiskrankenhaus genutzt. Größere Auswirkungen hatten städtebauliche Maßnahmen nach 2000. Das Dreieck, bis zur Gründerzeit der „Kuhplatz“ des Scheunenviertels und später Verkehrsrondell, von dem die Gasstraße in Richtung B 112 Forst und die Frankfurter Straße abgingen, wurde beseitigt, so dass östlich der Berliner Straße 45 eine Freifläche entstand. Erst 2007 wurde mit dem grundhaften Ausbau der Berliner Straße ab Kreuzung Cottbuser Straße/Uferstraße nahezu zeitgleich auch die Hutfabrik Rudolf Fugmann (Nr. 18/19) zugunsten einer Stadtvillenplanung abgebrochen. Erfreulich ist, dass nach der politischen Wende 1989 zunehmend erfolgreich der Leerstand einiger straßenbildprägender Bauten beendet und diese unter denkmalpflegerischer Begleitung saniert und instand gesetzt werden konnten.
Das Wohn- und Geschäftshaus 1886 für den Wurstfabrikanten Steinke auf der Westseite der Berliner Straße errichtet. Das Haus laut Adressbuch 1925 im Besitz des Wurstfabrikanten Karl Steinke. Nach 1990 ein das Fassadenbild störender Einbau eines Bistros. 2010 nach Eigentümerwechsel behutsame Sanierung, dabei Reduzierung des nicht denkmalrelevanten Hofflügels, straßenseitig Einrichtung einer Physiotherapie im südlichen Erdgeschoss und gegenüberliegend von Büroräumen anstelle des Bistros.
Dreigeschossiger Putzbau von sechs Achsen mit Drempel und flachem Satteldach. Nördlich schwach ausgebildeter Eckrisalit von zwei Achsen, dieser wie die südliche Gebäudeecke oberhalb des Erdgeschosses durch Lisenen mit horizontaler Putznutung akzentuiert. Der Hauseingang (zweiflüglige Holz-Glas-Tür mit Oberlicht) von zwei Geschäften mit Schaufenster (linksseitig ebenfalls in Holz-Glas-Ausführung über gefliester Fassade) flankiert. Das schmucklose Erdgeschoss durch ein Gurt- und ein Sohlbankgesims abgeschlossen. Die hochrechteckigen Fenster mit vierfeldrigen Oberlichtern. Belebung der Fassade durch oktogonale Ornamente und Girlanden. Die Fenster im Eckrisalit durch friesgeschmückte Verdachung zusammengefasst, das zweite Obergeschoss einer Beletage ähnelnd durch kleinen Austritt betont. Der Drempel mit querrechteckigen, vierfeldrigen Fenstern, dazwischen Reliefs. Im Innern des Zweispänners zweiflüglige Pendeltür im Flur, Treppe und Geländer aus Holz, Wohnungs- und Zimmertüren bauzeitlich (BLDAM).